Ein Abenteuer zwischen Keller und Dachboden
Gerade noch sitzt Alice gelangweilt mit ihrer Schwester im Garten, als plötzlich ein geschäftiges Kaninchen vorbeikommt und eilig seine Uhr aus der Westentasche zieht und hinter einer Hecke verschwindet. „Den nächsten Augenblick war sie ihm nach in das Loch hineingesprungen, ohne zu bedenken, wie in aller Welt sie wieder herauskommen könnte. Der Eingang zum Kaninchenbau lief erst geradeaus, wie ein Tunnel, und ging dann plötzlich abwärts; ehe Alice noch den Gedanken fassen konnte sich schnell festzuhalten, fühlte sie schon, daß sie fiel, wie es schien, in einen tiefen, tiefen Brunnen.“ Die Geschichte von Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ nimmt danach ihren Lauf – und langweilig ist Alice nun nicht mehr: Sie staunt über die Grinsekatze, den Märzhasen und den verrückten Hutmacher, sie wird riesengroß und wieder klein, sie spielt mit Flamingos Croquet und feiert Nichtgeburtstag.
Auch nach über 150 Jahren fasziniert der britische Klassiker „Alice im Wunderland“, der auch mehrfach verfilmt wurde, große und kleine Menschen. Die Kunstausstellung „Sinnesrausch“ im oö. Kulturquartier lässt sich von Alices wundersamer Welt inspirieren und entführt die Besucher ebenfalls in eine skurrile überraschende Traumwelt. 34 Kunstwerke und Installation begleiten vom Keller auf den Dachboden und wieder hinunter. Wie die Höhenrausch-Ausstellungen ist auch der Sinnesrausch eine lustvolle Kombination aus Kunst und Spektakel.
Im Foyer des OK Centers, hinter dem neu installierten Museumsshop, führt ein schmales Loch an einer rosa Wand in eine andere Welt hinein. Hier geht es zuerst bergauf, dann bergab, dann hinter einem Vorhang verwinkelte Gänge entlang – und schließlich wieder hinaus. Wieder draußen auf dem OK-Platz führt eine Stiege hinunter in den Keller – „down the rabbit hole“. Jetzt ist man endgültig in einer anderen Welt gelandet, in den Gängen gibt es Videoinstallationen und Zitate aus „Alice im Wunderland“.
Hinter jeder Ecke und jeder Tür wartet etwas Neues und Unerwartetes, mit Pfeilen und einem Postkartenspiel findet man seinen Weg durch das Haus: Man sammelt Karten aus Schachteln, die immer wieder am Weg zu finden sind, und die Richtung zum nächsten Raum vorgeben.
Aus dem Untergeschoß, dem ehemaligen Theaterkeller geht es dann auf steilen Stiegen hoch hinauf. Auf dem Dachboden warten glibbrige Massen, die gar nicht so schleimig sind wie sie aussehen. Man spaziert durchs Dachgebälk, in diesem dunklen Raum dreht sich eine riesige Discokugel. Dann geht es für einen Moment wieder nach draußen, in den Turm der Ursulinenkirche – und wie beim Höhenrausch kann man das Treiben auf der Landstraße verfolgen und einen Rundumblick auf Linz machen.
Kleine Gucklöcher auf den langen Gängen überraschen mit unterschiedlichen Perspektiven: animierte Illustrationen oder ein Spiegelkabinett mit Alices Haaren.
Dann kommt der Moment, auf den die Kinder schon hingefiebert haben: „Wann kommen die Bälle, von denen Du erzählt hast, Mami?“ Hier sind sie nun: „Don´t forget to play“ steht beim Eingang des Indoor-Spielplatzes Gaudi-Max, den der Designer Clemens Bauder und die Künstlerin Katharina Lackner gestaltet haben.
Große und kleine Schaumstoffbälle kugeln in einem großen Becken, rundherum schiefe Ebenen, die zum Rutschen und Kraxeln einladen. Die Kinder rennen im Kreis, rutschen, verstecken sich in den Gängen, lassen die Bälle die Ebenen hinunterpurzeln. Sie klettern auf den „Guckindieluft-Turm“ und winken aus den kleinen Öffnungen.
Mit dem „Gaudipass“, den man an der Kassa oder beim Spielplatz erhält, können Familien den Spielplatz 9mal besuchen, ohne extra zu bezahlen. Auf dem Pass werden Hasenstempel gesammelt.
Einen Stock unterhalb des Gaudimax-Spielplatzes ist der Workshop-Raum des „Suuuper Sonntag“, in dem nun jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr die Kinder aktiv werden können: Es wird gemalt, geschnuppert, entspannt, es werden Bewegungs- und Verkleidungsspiele gespielt. Für Kinder mit erwachsener Begleitung, mehr Informationen gibt es hier.
Für alle, die sich hier irgendwann loseisen, geht es weiter durch die Ausstellung: Ein langer Gang mit schwarzen Streifen ist nicht nur eine faszinierende Installation von Esther Stocker, die die Wahrnehmung irritiert – sondern, wie vieles andere in der Ausstellung, die perfekte Kulisse für Fotografen und Instagrammer. Schon kurz nach dem Start der Ausstellung findet man mit dem Hashtag #Sinnesrausch hunderte Bilder von Zitaten und Kunstinstallationen.
Gegen Ende wird die Geschichte von Alice wieder aufgegriffen, Erwachsene und Kinder können sich unter einen großen Hut stellen, stehen sozusagen Kopf in einem Zimmer, in dem Tisch und Bänke an der Decke hängen (Installation von Alfredo Barsuglia).
Die Videoinstallation „Alice Remixed“ von Karin Fissthaler zeigt eine faszinierende Kollage aus Alice-im Wunderland-Verfilmungen und Comics, in denen sie wächst und wieder schrumpft.
Für einen der letzten Räume sollte man sich wieder etwas Zeit nehmen: Der bunte Dschungel, den das italienische Designstudio Carnovsky auf die Wand gebracht hat, ist ein Paradiesgarten und begehbares Bilderbuch für Kinder und Erwachsene. In mehreren Schichten und Farben verbergen sich die unterschiedlichsten Motive, die durch farbiges Licht zum Vorschein kommen. Während die Besucher auf Sitzsäcken in der Mitte des Raumes liegen, tauchen rund um sie Löwen, Krododile und exotische Vögel auf, dann wandelt sich das Bild wieder und ein Urwald aus dichten Pflanzen entsteht.
Weniger zauberhaft als man in die Ausstellung hineingekommen ist, verlässt man sie dann wieder – recht unromantisch über das OK-Stiegenhaus, das zum Ausgang führt.
Fazit: Eine faszinierende Ausstellung, mit spannender Kunst, ungewöhnlichen Einblicken und Erlebnissen - und vielen Aktivitäten für Kinder und Familien.
Info: Montag, Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 20 Uhr, Dienstag geschlossen.
Erwachsene 10/8,50 Euro, Kinder unter 6 Jahren frei, Familie mit 2 Erwachsenen: 19/16,50 Euro
OÖ Kulturquartier
OK-Platz 1, 4020 Linz
Eingang OK Center
www.sinnesrausch.at
www.ooekulturquartier.at
Die Ausstellung läuft bis 2. April 2018
Tipps für Familien:
Besondere Höhepunkte für die Kinder sind natürlich der Gaudimax-Spielplatz, der Farben-Dschungel am Ende der Ausstellung, die Discokugel im Dachgebälk und der Blick aus dem Kirchturm.
Große Teile der Ausstellung sind nicht Kinderwagen-gerecht, für Familien mit kleinen Kindern empfiehlt sich ein Tragetuch oder eben nur ein Besuch im Gaudimax. Kleine Kinder könnten sich im ersten dunkleren Teil der Ausstellung vielleicht auch fürchten, auch dann ist es wohl am besten direkt zum Gaudimax zu gehen.
Es gibt eine Wickelmöglichkeit.
Mit dem GaudiPass kann der Indoor-Spielplatz 9mal gratis besucht werden.
Jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr finden im Rahmen des Suuuper Sonntag Workshops für Kinder mit erwachsener Begleitung statt.
Parallel zur Ausstellung wird auf der Studiobühne des Landestheaters „Wunderland!“ nach dem Roman von Lewis Carroll gespielt. Infos gibt es hier.